Wer forscht, kommt auf Ideen: Die ZARM Technik AG führt Forschungsergebnisse der Bremer Universität, die für die Weltraumtechnik-Branche weltweit relevant sind, zur Marktreife.
Mit großem Erfolg. Praktisch kein europäischer Satellit verlässt die Erde ohne ZARM-Produkte. Ein Besuch am Grenzposten des Weltalls.
In Bremen ist alles ein bisschen schwerelos: Unsere Stadt gehört zu den wichtigsten Standorten Europas in der Luft- und Raumfahrt. Global Player wie Airbus DS, Ariane Group und OHB SE, aber genauso kleine Ideenschmieden entwickeln und produzieren in Bremen Produkte für weltbekannte Projekte. Zum Beispiel die Flügelausrüstung der Airbus-Flugzeuge, die Ariane-Oberstufe oder das Satellitennavigationssystem GALILEO. Genauso wie gebaut wird, wird auch geforscht. Zum Beispiel im ZARM. Das „Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation“ ist ein wissenschaftliches Institut im Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen. Seit 1985 hat sich hier ein international beachtetes Forschungszentrum entwickelt, dessen Expertise zu Themen wie Strömungsmechanik, Raumfahrttechnologie und Weltraumwissenschaften aus der internationalen Forschungslandschaft nicht wegzudenken ist. Das ZARM, das sind die mit dem Fallturm. Das in Europa einzigartige Großlabor bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt eine kostengünstige und permanent verfügbare Möglichkeit, Experimente in Schwerelosigkeit unter Weltraumbedingungen durchzuführen.
Marktfähig: die ZARM Technik AG
Wer intensiv und praxisnah forscht, hat den Märkten früher oder später etwas anzubieten. Deshalb entstand bereits 1997 die ZARM Technik AG, die im Bereich Raumfahrttechnologie Erfindungen der Universität zu marktfähigen Produkten entwickelt. Heute gehört die AG zu den führenden Anbietern von Komponenten zur Lageregelung und hat mehr als 200 Missionen mit ihren Produkten begleitet. In fast jedem europäischen sowie in vielen internationalen Satelliten stecken Komponenten, die hier im Bremer Technologiepark entwickelt wurden.
„Wir sind das Bindeglied zwischen Forschung und Wirtschaft“
sagt Holger Oelze, Vorstandsvorsitzender der ZARM Technik AG. „Diese Beziehung ist wichtig, um industrienah und damit bedarfsorientiert zu forschen. Wissenschaftliche Erkenntnisse können dann schneller in Produkte umgesetzt werden. Und dafür gibt es einen riesigen Bedarf.“
Hightech für das „Internet of Things“
Die speziell für jede Mission neu ausgelegten Magnettorquer sind einer der Verkaufshits des Hauses. Die bis zu einem Meter langen Aktuatoren erzeugen ein eigenes Magnetfeld. Dabei ermöglichen sie in Wechselwirkung mit dem Magnetfeld der Erde die Stabilisierung und Ausrichtung der Satelliten. „Wir haben Kunden in der ganzen Welt. Die meisten Aufträge kommen von Raumfahrtagenturen und Systemfirmen.“ Zum Beispiel der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA und der japanischen Weltraumbehörde JAXA. Deren Chefs haben vor nicht allzu langer Zeit das ZARM besucht. Gleichzeitig schalten sich immer mehr regierungsunabhängige Unternehmen ein. Dabei geht es oft um das „Internet of Things“ („IoT“), die Vernetzung von Gegenständen mit virtuellen Informationsträgern: Das automatisierte Haus, das autonome Fahren oder die Präzisionslandwirtschaft. Hier ist der Satellit ein Retter in der Not. Er kann Gegenden mit schlechter technischer Infrastruktur mit besserer Mobilfunk- und Internetverbindung versorgen. Das funktioniert nicht ohne Magnettorquer, die in ihrer technischen Anforderung so speziell sind, dass es weltweit kaum Anbieter dafür gibt. „Wir sind in der Lage, unsere Produkte auf jeden Kunden zuzuschneiden, zum Beispiel in puncto Gewicht, denn im Weltraum zählt jedes Gramm. Wir müssen außerdem sehr verlässlich arbeiten: Im Weltall wird praktisch nichts repariert. Was rauffliegt, muss funktionieren.“
Raum für Wachstum
Während die ZARM Technik AG in der unternehmerischen Struktur klar vom ZARM der Universität getrennt ist, sind die Übergänge im Kopf und in der Immobilie fließend. 130 Mitarbeitende plus studentische Hilfskräfte arbeiten gemeinsam rund um den Fallturm. Als es vor einiger Zeit räumlich eng wurde, musste das Unternehmen in einen großen Hallenumbau investieren. „Wir brauchten für die AG dringend mehr Büro- und Laborfläche“, berichtet Oelze. „Unsere Ansprechpartnerinnen und -partner bei der Sparkasse Bremen kennen uns und haben die Erweiterung unkompliziert mit einer Finanzierung ermöglicht.“ Oelze weiß die Zuverlässigkeit des Teams der Sparkasse zu schätzen. „Manche außereuropäischen Kunden wollen eine Bürgschaft, wenn sie uns beauftragen. Die Sparkasse Bremen stellt sie für uns – und ermöglicht uns so, große Projekte anzugehen.“ Das ist auch ein großer Vorteil für den Luft- und Raumfahrtstandort Bremen und dessen Marktposition.
„Es ist gut zu wissen, dass die Sparkasse die großen Zusammenhänge erkennt und uns in solchen Situationen den Rücken stärkt.“
Nachwuchs finden und fördern
Den Rücken stärken wollen das ZARM und die Sparkasse Bremen auch dem potenziellen Nachwuchs. Denn der ist nicht leicht zu finden. Bereits 1989 rief das Forschungszentrum den Förderverein ZARM e.V. ins Leben. Dieser vergibt jährlich Förderpreise und Stipendien an angehende Expertinnen und Experten. Die Sparkasse ist Mitglied des zum Verein gehörenden Gremiums.
Verena Kusch, Firmenkundenberaterin der Sparkasse Bremen, ist seit Mai 2018 Kassenwartin des Vereins. Sie freut sich über das Interesse der Schülerinnen und Schüler. „Bei dem DroPS-Projekt zum Beispiel können Oberstufler ihre eigenen Experimente im Fallturm unter Schwerelosigkeit verwirklichen“, erzählt sie. Holger Oelze betont die große Bedeutung der Projekte: „Es ist wichtig, dass Schüler und Studierende mehr Berührungspunkte mit der Praxis haben. So können sie herausfinden, ob ihnen dieses Fachgebiet Spaß macht und wie ihr Arbeitsalltag später aussehen könnte.“ Der Horizont steht ihnen offen.